Eichsfelders Los (Gedicht)

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Knabe:

O Mutter, wie kommt’s, daß mit traurigem Sinn
Der Vater alljährlich zur Fremde zieht hin?
Das trauliche Dörfchen, Wald, Wiese und Hain,
Sie laden doch alle zum Bleiben ihn ein.


Wie glänzet dein Hausrat, bist rüstig und rank.
Wir aber sind traurig vor Sehnsucht und krank.
O Mutter, wie kommt’s, daß mit traurigem Sinn
Der Vater alljährlich zur Fremde zieht hin?


Mutter:

Wohl blinket der Hausrat, wohl blühet die Flur.
Auch ticket im Zimmer hier friedlich die Uhr.
Doch kaum ist im Gärtchen der Krokus erblüht,
Der Vater mit Wehmut von dannen schon zieht.
Das volkreiche Eichsfeld, das liebliche Land
Still klagend seit jeher die Söhne verbannt.
Die Kinder rufen nach Kleidung und Brot
Und Schaffen den Vätern die seelische Not.


Knabe:

O Mutter, sind wir es? Das kann doch nicht sein.
Sind hart unsere Herzen wir Marmor und Stein!
O, laß uns den Vater, wir haben ihn gern;
Er ist uns Erzieher, ist Richtung und Stern.


Vater:

Kind, laß nur dein Klagen, dein Jammern heut sein.
Bald wirst du erwachsen und heimatfern sein,
Dann schnürst du dein Bündel, dann wanderst auch du
Mit Heimweh im Herzen der Fremde wohl zu.
So war es vor Zeiten, so will’s das Geschick.
Doch wahre den Mut dir, halt offen den Blick.
Bleib Eichsfelder draußen, lobsingend dein Land!
Es wird noch von manchem verachtet, verkannt.
Trag Eichsfelder Sitte und Treue hinaus,
Vergiß deinen Gott nicht im Wettergebraus.
Sein Heimatland lieben und doch es verlassen,
Sieh, das ist das Los vieler Eichsfelder Sassen.

Autor / Text: Eduard Fahlbusch